Blog Parade Fern der Heimat und doch Zuhause

Fern der Heimat und doch Zuhause?

Autor:

·

Veröffentlicht:

Update:

Kann man auch fern der Heimat Zuhause sein?

Ich muss gestehen, ich habe mich um das Schreiben, dieses Artikels gedrückt. Das liegt einfach daran, dass dies wohl ein sehr persönlicher Blogpost wird. In diesem Bericht wird es auch um den Preis gehen, den man für ein Leben in der Ferne zahlt.

Es gibt verschiedene Gründe, die einem in die USA auswandern lassen. Viele leben in den USA wegen der Karriere, oder weil die USA für sie schon immer ein Traum war.

Ich persönlich bin hier, weil ich mich in einen Amerikaner verliebt und geheiratet habe. Bevor unserer Verlobung, hatte ich nie ernsthaft ans Auswandern gedacht.  Als ich den Visumsantrag stellte, war ich über 40 Jahre alt und hatte nie außerhalb Bayerns gewohnt. Mein Englisch war nicht besonders gut.

Ich bereue das Auswandern in die USA nicht! Ich hatte einen guten Grund, ich liebe meinen Mann und wo wir zusammen sein können, ist zu Hause, aber…..

… das Leben in einem anderen Land / auf einem anderen Kontinent bringt auch ungewohntes und Probleme.

Ich schreibe das nicht, um dieses Land schlecht zu machen, oder jemandem den Traum vom Auswandern in die USA zu vermiesen. Aber man sollte den Preis kennen.

Ich lebe seit 2012 in den USA. Am Anfang hatte ich große Probleme mich einzugewöhnen. Mein Englisch war nicht so gut und mit meinem Alter war ich schon etwas an bestimmte Abläufe gewöhnt. Wenn man beispielsweise über 40 Jahre bei einem Preis ein Komma gemacht hat, ist es schwer, sich nun an einen Punkt zu gewöhnen.

Die Problemchen fern der Heimat

Natürlich gibt es hier auch kulturelle Unterschiede, an die man sich auch erst einmal gewöhnen muss.

Die Menschen sind hier unglaublich höflich, sogar wenn sie dir etwas Negatives sagen wollen. Es ist wirklich toll, das Amerikaner so höflich und nett sind, aber manchmal wünsche ich mir wirklich, sie würden mal endlich direkt sagen, was sie wollen. Ich bin einfach an bayerische Direktheit gewöhnt, mit diesem subtilen zwischen den Zeilen lesen, habe ich so meine Probleme.

In vielen Dingen hat man in den USA komplett umzulernen, beispielsweise gibt es hier nicht das metrische System, Nummern werden anders geschrieben und auch das Datum wird verdreht.

Einige Dinge, an die man aus Deutschland gewohnt ist, gibt es in den USA nicht, oder sind sehr teuer. Oft sind es einfache Dinge wie Brot oder Döner, aber auch das Schlendern in der Fußgängerzone, das gemütliche Beisammensitzen im Biergarten oder der Kaffeeklatsch mit Freundinnen.

Nach dem Auswandern gibt es viele erste Male, das erste Mal Tanken an einer amerikanischen Tankstelle, das erste Mal am Highway fahren, das erste Mal einkaufen in den USA und viele andere erste Male. Man muss sich auch an neue Produkte gewöhnen.

Dies sind nur einige Beispiele meiner anfänglichen Problemchen. Ich habe mich inzwischen schon an vieles gewöhnt und würde einiges davon in Deutschland vermissen.

Die Amerikaner sind (so sind zu mindestens meine Erfahrungen) sehr tolerant und hilfsbereit, dies hat vieles einfacher gemacht.

Kommen wir nun von den Problemchen zu den Problemen!

Wenn du deine Heimat verlässt, lässt du auch ein Sicherheitsnetz hinter dir.

In Deutschland ist man für den Notfall ziemlich gut abgesichert. Wenn alle Stricke reißen, kann man immer noch Harz 4 beantragen. Man muss bei Krankheit, Arbeitslosigkeit oder anderen Katastrophen nicht Angst haben auf der Straße zu landen. Diese Sicherheit fällt in den USA weg, es sei denn, man kann sich selber versichern, was sehr teuer ist. Hilfen für in Not geratene gelten oft nicht für Ausländer, die noch keine 5 Jahre in den USA leben.

Zusätzlich fällt auch noch das soziale Netz an Freunden und Verwandten weg.

Aber das Schwerste für mich, fern der Heimat, sind vermisste Umarmungen

Wer mich kennt, weiß ich bin kein Fan von Umarmungen. Aber es gibt Situationen, da hilft ein Chat auf Facebook oder Skype nichts, da wäre die einzig angebrachte Reaktion eine Umarmung.
Bei unserer Hochzeit war von meiner Seite nur meine Tochter, die mich netterweise zum Justis of Peace geführt hat. Diesen besonderen Tag hätte ich gerne mit meiner Familie geteilt. Leider konnte der Rest der Familie nicht anreisen.
Mein Mann und ich hatten ein Baby verloren und keiner meiner Freunde oder Familie konnte mich umarmen.

In meinen ersten 5 Jahren in den USA, sind 3 Verwandte in Europa verstorben. Ich konnte mich nicht verabschieden, nicht zur Beerdigung und nicht die Hinterbliebenen umarmen.

Diese vermissten Umarmungen sind der Preis, den ich zahle, um mit meinem Mann glücklich zu sein.

Ich habe Glück mein Mann ist diesen Preis wert. Könnte ich die Zeit zurückdrehen und noch einmal entscheiden, ich würde wieder in die USA zu meinem Mann ziehen. Ich bin hier mit meinem Mann zu Hause, aber fern der Heimat.

Ich schreibe diesen Artikel nicht für Beileidsbekundungen. Viele sehen von mir (und anderen Auswanderern) nur die glücklichen Bilder die wir auf Facebook &Co posten. Und diese glücklichen Bilder sind wahr und echt. Aber es gibt eben auch die traurigen Augenblicke, die man nicht in Bildern festhält und nicht auf Facebook postet. Diesen Augenblicken habe ich diesen Beitrag gewidmet.

Das könnte dich auch interessieren:

Teile diese Seite mit Freunden!